Von Matthias Kussmann – gefunden bei www.swr.de
Vor fast 2000 Jahren schrieb der römische Kaiser Mark Aurel (121 – 180 n. Chr.) seine „Selbstbetrachtungen“. Zwischen Kriegen, Naturkatastrophen und einer verheerenden Pandemie versuchte er, gelassen zu bleiben. Heute gelten seine Werke als Klassiker der stoischen Philosophie und sind in Corona-Zeiten wieder brandaktuell.
Die Anhänger der stoischen Philosophie, die Stoiker, unterscheiden sich von anderen antiken Philosophenschulen. Die damalige Bewegung philosophischer Skeptiker zieht alles in Zweifel: Für sie gibt es keinerlei gesichertes Wissen, alles muss infrage gestellt werden. Die Stoiker dachten anders.
„Ein glückliches Leben besteht für Stoiker darin, dass wir auf der Basis von Wissen leben, dass wir uns vom Wissen leiten lassen. Ein guter Charakter besteht für sie darin, dass wir Wissen erreichen.“
Höchste Tugend: Wissen statt Meinung
Dieses „Wissen“ ist für die Stoiker aber kein Sachwissen, wie wir es heute meist verstehen. Wissen ist vielmehr der Gegensatz zu Meinung. Meinungen über das Leben und die Welt kann jeder haben. Sie beruhen oft auf Emotionen, irrationalen Annahmen, Vorurteilen oder Scheuklappendenken.
Der Wissende aber folgt seinem Verstand, denkt eigenständig. Er hört nicht auf die Menge. Er prüft jeden Gedanken genau, berücksichtigt möglichst viele Zusammenhänge, Pro und Contra, wägt ab und kommt schließlich zu einem vernünftigen Ergebnis. Im stoischen Sinn ist Wissen das Ergebnis eigenständigen Denkens und somit die höchste Tugend.