Wer bin ich?

Von Albert Newen – gefunden bei Spektrum.de

Auf diese klassische Frage der Philosophie gaben große Denker die unterschiedlichsten Antworten. Erst heute rückt eine allgemein akzeptierte Erklärung des Selbst in greifbare Nähe – nicht zuletzt dank neuer Impulse aus der Neuropsychologie.

Wohl jeder Mensch fragt sich irgendwann in seinem Leben, was er eigentlich ist. Ein Wesen mit unsterblicher Seele? Nur eine Ansammlung von Molekülen? Oder sogar bloß eine Einbildung? Viele meinen, es gebe darauf keine allgemein verbindlichen Antworten: Wie man darüber denke, sei Sache der Weltanschauung, die sich weder beweisen noch widerlegen lasse. Doch das ist ein Irrtum. Systematische philosophische Überlegungen und neuere psychologische Forschungen bringen uns einer allgemein gültigen Antwort sehr wohl näher.

Der „False Belief“-Test | Die abgebildete Geschichte dient als Test, ob eine Person die eigenen Überzeugungen von denen eines anderen Menschen unterscheiden kann: Sally legt den Ball in den Korb und geht anschließend spazieren. Nun nimmt Anne den Ball und legt ihn in die Schachtel. Sally kommt zurück. Frage an die Versuchsperson: Wo sucht Sally den Ball? Zweijährige antworten „In der Schachtel“, denn da ist er ja. Erst Vierjährige antworten „Im Korb, weil sie ihn dort hineingelegt hat“. Auch die meisten Autisten geben die falsche Antwort.

Der Philosoph René Descartes (1596 – 1650) vertrat bekanntlich die These, dass wir im Kern rein geistige Wesen seien, die nur zufällig während unseres irdischen Daseins in einem Körper stecken. Dazu formulierte er sein berühmt gewordenes „Cogito“-Argument:

1. Ich denke (lateinisch: cogito).
2. Wenn ich denke, dann existiert der Träger dieses Gedankens.
3. Ich bin der Träger dieses Gedankens.
Also existiere ich (ergo sum).

Damit stellte Descartes zunächst fest, dass es uns gibt, wenn wir einen Denkvorgang bemerken. Unklar bleibt jedoch, welcher Art das denkende Ich ist. Deshalb führt Descartes das Argument weiter:

(A) Ich kann mir nicht widerspruchsfrei vorstellen, dass ich nicht existiere, solange ich denke.
(B) Ich kann mir jedoch widerspruchsfrei vorstellen, dass ich auch ohne alle körperlichen Eigenschaften existiere.

Also bin ich kein Körper, sondern ein reiner Geist. Im ersten Satz formuliert Descartes die „Cogito“-Überlegung bloß um („Wenn ich denke, dann existiere ich“). Die Annahme B dagegen ist falsch. Zwar kann ich mir logisch widerspruchsfrei vorstellen, auch dann noch zu existieren, wenn ich Arme, Beine, Teile des Rumpfes und immer so weiter verlieren würde. Dennoch bleibt das ein nutzloses Gedankenspiel, weil es von den Gesetzen der Natur ausgeschlossen wird.

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